1. Fachkongress der Deutsch-Kurdischen Juristenvereinigung e.V.

28-11-2015

Am 28. und 29. November 2015 fand in Koblenz der erste Fachkongress der Deutsch-Kurdischen Juristenvereinigung e.V. (DKJV) statt. Der zweitägige Kongress stand im Zeichen der aktuellen Flüchtlingskrise in Deutschland und Europa und behandelte entsprechend das Thema Flucht und Migration.

Höhepunkt des ersten Tags war der Vortrag von Rechtsanwalt Havran Debe aus Koblenz über das deutsche Asyl- und Ausländerrecht. Gekonnt vermittelte der Fachmann im Ausländer- und Asylrecht sowohl den Anfängern als auch den erfahrenen Zuhörern das notwendige Wissen in diesem komplexen und hochpolitischen Rechtsgebiet. Im Anschluss an die Präsentation entstand eine lebhafte Diskussion in Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlingskrise. Außerdem nahm sich Rechtsanwalt Debe die Zeit, zahlreiche Fragen zu beantworten.

Die bis dahin sehr gute Stimmung wurde abrupt getrübt als bekannt wurde, dass der populäre Präsident der Rechtsanwaltskammer der Stadt Diyarbakir und Menschenrechtsanwalt Tahir Elci von Unbekannten auf offener Straße erschossen worden war. Zu seinen Ehren wurde im weiteren Verlauf der Veranstaltung eine Schweigeminute abgehalten.

Am Nachmittag des ersten Tages setzte sich die traurige Stimmung fort. Die Ezidin Evileen Jalo Taha, die in die Gefangenschaft der radikal-islamischen Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im Norden des Irak (Südkurdistan) geraten war und sich anschließend befreien konnte, berichtete vom Völkermord an den Eziden im August 2014.

Zahlreiche Mitglieder ihrer Familie wurden vom IS ermordet und einige ihrer Familienangehörigen befinden sich immer noch in den Händen der Terrororganisation. Während ihres Vortrags brach sie immer wieder in Tränen aus. Ihr Schicksal hat alle Teilnehmer gleichermaßen berührt. Sowohl der Vorstand als auch viele Mitglieder der DKJV sicherten der jungen Frau bei ihrem Neuanfang in Deutschland ihre Unterstützung zu.

Den letzten Vortrag des ersten Tages hielt das Vorstandsmitglied des Vereins YASA e.V., Fawzi Dilbar. Herr Dilbar erläuterte die Arbeit und Aktivitäten seines Vereins, der sich seit mehr als zehn Jahren für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den kurdisch besiedelten Regionen Syriens einsetzt. Außerdem sind die Mitglieder des Vereins stark in die Betreuung und Begleitung syrischer Flüchtlinge in Deutschland eingebunden. Durch zahlreiche Informationsveranstaltungen, Seminare und Workshops werden die syrischen Flüchtlinge unabhängig von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit von YASA e.V. im Alltag begleitet. Herr Dilbar unterstrich bei seinem Vortrag die Bedeutung der Integration der in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden und gab Empfehlungen ab, wie man erfolgreich einen Verein managen könne.

Auch wenn der erste Tag durch die Nachricht der Ermordung von Tahir Elci sowie den unter die Haut gehenden Vortrag der jungen Ezidin Evileen Jalo Taha getrübt wurde, wurde den Teilnehmern die Bedeutung ihres gesellschaftlichen Engagements und ihres Einsatzes für Demokratie und Menschenrechte in Kurdistan mehr denn je bewusst.

Im Mittelpunkt des zweiten Tages stand der Vortrag über das schweizerische Migrationsgericht.  Ein Mitglied des Vereins Kurdischer Juristen- und Anwaltsverein der Schweiz Ferhat Kizilkaya hielt einen Vortrag über das Schweizer Asyl- und Ausländerrecht. Im Anschluss an den Vortrag wurde das Schweizer Migrationsrecht mit dem deutschen Pendant verglichen und praktische Schwierigkeiten auf beiden Seiten diskutiert. Die Expertenrunde war sich einig, dass die aktuellen Migrationsströme in Europa nur durch ein europäisches Migrationsrecht bewältigt werden können.